Menschen werden immer älter, das ist kein Geheimnis mehr. Seit dem 19. Jahrhundert hat sich unsere Lebenserwartung rapide entwickelt und sich im Verlauf der letzten 150 Jahre sogar mehr als verdoppelt. Neben einem gestiegenen Bildungsniveau, einer verbesserten Hygiene sowie Arbeits- und Lebensweise haben wir es vor allem dem medizinischen Fortschritt zu verdanken, dass wir länger leben. Die statistische Lebenserwartung spielt insbesondere für Versicherer eine große Rolle, um die Tarife und Leistungen für die Lebens- und Risikolebensversicherung kalkulieren zu können. In diesem Beitrag erhalten Sie einen Überblick über die Entwicklung, Zahlen, beeinflussende Faktoren und wie Versicherer die Lebenserwartung berechnen.
Lebenserwartung – die statistische Dauer unseres Lebens
Klären wir zunächst den Begriff: Die Lebenserwartung eines Menschen ist die zu erwartende Anzahl an Jahren, die ihm bis zu seinem Tod verbleibt. Die Schätzung des erreichbaren Alters beruht auf den durchschnittlichen Sterberaten der Gesamtbevölkerung. Diese bilden die Gefahren des Lebens wie Unfälle, Krankheit sowie ungesunde oder risikoreiche Lebensweise relativ gut ab.
Anhand von sogenannten Sterbetafeln lässt sich rückblickend sehen, wie sich die durchschnittliche Lebensdauer der Bevölkerung über die Jahre und Jahrzehnte entwickelt hat. Die Lebenserwartung ist folglich kein gemessener Wert, sondern eine Prognose für die Zukunft.
Jedoch bewerten die Daten aus Sterbetafeln nur die Vergangenheit. Um das voraussichtlich erreichbare Alter zu bestimmen, fließen deshalb weitere äußere Einflüsse mit in die Schätzung ein. Dies können beispielsweise Umweltfaktoren oder auch Entwicklungen im Gesundheitswesen sein.
Die Lebenserwartung ergibt sich vor allem aus den Lebensumständen eines Menschen oder einer Bevölkerungsgruppe. Betrachten wir die ganze Welt, werden somit statistisch gesehen bestimmte Bevölkerungsgruppen deutlich älter als andere.
So zeigt sich im weltweiten Vergleich auch, dass Frauen länger leben als Männer, mit nur wenigen länderspezifischen Ausnahmen. Warum aber Frauen gegenüber Männern hierbei im Vorteil sind – ob genetisch, physiologisch, verhaltensspezifisch oder umweltbedingt – können forschende Mediziner bislang noch nicht eindeutig beantworten.
Zu den Faktoren, die unsere Lebenserwartung beeinflussen gehören zum Beispiel:
- Geschlecht
- Bildungsniveau
- Einkommen und Arbeitsbedingungen
- medizinische Versorgung
- konstante und ausgewogene Ernährung
- Trinkwasserversorgung
Etwas Theorie zwischendurch: Was ist eine Sterbetafel?
Sterbetafeln sind Tabellen, aus denen Fachleute ablesen können, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Person eines bestimmten Alters voraussichtlich sterben, bzw. wie alt diese vermutlich wird. Die Tabellen sind meist nach Geschlecht und ggf. weiteren Unterscheidungsmerkmalen getrennt.
In Deutschland erstellt und veröffentlicht unter anderem das Statistische Bundesamt regelmäßig aktuelle Sterbetafeln. Zu den bekanntesten Sterbetafeln zählen die Periodensterbetafel und die Generationensterbetafel (auch Kohortensterbetafel genannt), die sich wie folgt unterscheiden:
- Periodensterbetafel
Diese betrachtet die Sterblichkeitsverhältnisse einer Bevölkerung zu einem bestimmten Zeitpunkt. Die Tabelle listet somit für jedes Alter auf, wie viele (weitere) Lebensjahre eine Person vor sich hätte, wenn sie ein Leben lang den Sterblichkeitsverhältnissen zum Zeitpunkt der Betrachtung der Liste ausgesetzt wäre. Da es sich bei einer Periodensterbetafel jedoch nur um eine Momentaufnahme handelt, lassen sich daraus keine Annahmen darüber ableiten, wie sich die Sterblichkeit bzw. Lebenserwartung eines heute lebenden Menschen in Zukunft verändern wird. - Generationensterbetafel
Bei dieser Sterbetafel hängt die Sterblichkeit nicht nur von Alter und Geschlecht, sondern zusätzlich vom Geburtsjahrgang ab. Statistiker können so für jeden Geburtsjahrgang das wahrscheinliche Lebensalter schätzen – unter Berücksichtigung der steigenden Lebenserwartung für später geborene Personen. Da in die Prognose der Sterbewahrscheinlichkeit auch die in Zukunft zu erwartenden medizinischen und technischen Verbesserungen mit einfließen, sagt die Generationensterbetafel einem Neugeborenen somit eine tendenziell höhere Lebenserwartung voraus als die Periodensterbetafel.
Die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland
Vorneweg: Weltweiter Spitzenreiter im Jahr 2019 war Hongkong mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von rund 85 Jahren. Die Deutschen schneiden hingegen nicht so hoch wie Hongkong, Japan oder auch die Schweiz ab.
Laut Statistischem Bundesamt lag das erwartete Durchschnittsalter in der Bundesrepublik im Jahr 2019 bei rund 81 Jahren. Schaut man sich die Geschlechter an, haben neugeborene Jungen in Deutschland derzeit im Schnitt eine Lebenserwartung von 78,6 Jahren, während es neugeborene Mädchen statistisch auf 83,4 Jahre schaffen.
Wie lässt sich unsere Lebenserwartung berechnen?
Die Berechnung der Lebenserwartung ist für Laien eher schwierig. Wer dennoch wissen will, wie es sich mit der Sterblichkeit und Lebenserwartung der Bevölkerung in Deutschland verhält, findet Antworten und Zahlen beim Statistischen Bundesamt (Destatis).
Die 1948 ins Leben gerufene Bundesbehörde sammelt dazu Fallzahlen von Sterbefallmeldungen der Standesämter und stellt diese als Sterbetafeln wöchentlich zur Verfügung.
Such-Tipp: Geben Sie auf der Destatis-Webseite in der Suche „Durchschnittliche Lebenserwartung nach Altersstufen“ ein. Die Periodensterbetafel gibt Ihnen Aufschluss über die durchschnittliche Lebenserwartung nach Geschlecht und Altersgruppe. Ein Blick auf die letzte Sterbetafel 2017/19 zeigt, dass zum Beispiel ein 40-jähriger Mann eine Lebenserwartung von noch 39,69 Jahren hat, also etwa 80 Jahre alt wird. Im Vergleich dazu wurden einer 40-jährigen Frau noch 44,07 Lebensjahre prognostiziert – sie würde es also auf ein Lebensalter von 84 Jahren schaffen.
Die Bedeutung der Lebenserwartung für die Lebensversicherung
Anbieter von Renten- und Lebensversicherungen nutzen für ihre Kalkulation in der Regel die Generationensterbetafel, die von der Deutschen Aktuarvereinigung e.V. (DAV), der Berufsvereinigung der Versicherungsmathematiker, herausgegeben wird.
Gemäß der Generationensterbetafel lebt eine Person, wie oben schon beschrieben, voraussichtlich länger als gemäß der Periodensterbetafel, die eine steigende Lebenserwartung nicht berücksichtigt. Diese Entwicklung vorauszuberechnen, ist jedoch für einen Lebensversicherer eine wichtige Grundlage zum Kalkulieren der Beiträge.
Würde die Versicherung nur die geringere Lebenserwartung der Periodentafel in Betracht ziehen, also zu knapp kalkulieren, könnte das negative Konsequenzen haben. Denn dann wäre, wenn der Versicherungsnehmer viel länger lebt, gegebenenfalls nicht ausreichend Geld in der kollektiven Kasse vorhanden, um die zugesagten Versicherungssummen auszahlen zu können.
Davon abgesehen sind Versicherer vom Gesetzgeber durch das Versicherungs-Aufsichts-Gesetz (VAG) verpflichtet worden möglichst vorsichtig zu kalkulieren, um bei Renten- oder Lebensversicherungs-Verträgen langfristige Garantien aussprechen zu können.
Ein Sprecher der Deutschen Aktuare erklärt dazu: „Aufgrund dieser Sicherheitszuschläge weichen die Daten der Deutschen Aktuarvereinigung zur Sterblichkeit der Versicherten nachweislich von den Zahlen der Bevölkerung, die durch das Statistische Bundesamt errechnet werden, ab“. Nur so könne eine Auszahlung der Beträge garantiert werden. (Quelle: versicherungsjournal.de)
So berechnen Risikolebensversicherer die Beiträge
Für die Kalkulation von individuellen Tarifen der Risikolebensversicherung (Risiko LV) ziehen Versicherer viele verschiedene Faktoren der Risikobewertung heran. Die voraussichtliche Lebenserwartung der zu versichernden Person spielt dabei wie erwähnt eine große Rolle.
So hängt der Beitrag u.a. neben der Versicherungssumme und der Vertragslaufzeit auch vom Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand oder Beruf der versicherten Person zum Versicherungsbeginn ab. Wichtig ist auch, ob diese Raucher oder Nichtraucher ist oder ob sie ein gefährliches Hobby ausübt – Schließlich wirkt sich ein riskanter Lebensstil auf die Lebenserwartung aus.
Neben Sportarten, die das Leben verlängern können, gibt es auch Sport- und Freizeitaktivitäten, die statistisch mit einem deutlich erhöhten Unfall- und Todesfallrisiko einhergehen. Für solche berechnen viele Versicherer in der Regel einen Risikozuschlag. Hier sind einige Beispiele von Hobbys bzw. Risikosportarten, die meist (kann bei verschiedenen Versicherern variieren) zu einem Risikozuschlag führen:
- Tauchen (ab einer bestimmten Tiefe)
- Bergsport/Klettern
- Motorradrennen/Motorsport
- Gleitschirm-/Drachenfliegen)
- Kampfsport
- Kitesurfen
- Reiten
- Downhill
Ob und wie hoch der Zuschlag letztlich anfällt, lässt sich nicht verallgemeinernd sagen, da jeder Versicherer seine eigene Risikokalkulation hat und zudem jeden Antrag einer Risiko LV individuell prüft. Hier lohnt ein Vergleich von Risikolebensversicherungen.
Um das Risiko besser einschätzen zu können, erkundigen sich Versicherer bei Bedarf nach weiteren Einzelheiten, zum Beispiel wie oft und intensiv das angegebene Hobby ausgeübt wird.
Fazit: Auch wenn die Statistik für uns spricht und unsere durchschnittliche Lebenserwartung weiter steigt, sind wir vor unvorhersehbaren lebensverkürzenden Schicksalsschlägen nicht gefeit. Wer mitten im Leben steht und seine Familienangehörigen im eigenen Todesfall finanziell absichern will, sollte sich deshalb gegen mögliche Risiken absichern. Eine Risikolebensversicherung bietet hier einen entscheidenden Vorteil, da diese für einen im Verhältnis niedrigen finanziellen Aufwand einen hohen Versicherungsschutz ermöglicht.
Weitere Informationen zum Thema
- Statistisches Bundesamt (Destatis): Sterbefälle und Lebenserwartung
- Destatis: Häufigste Todesursachen in Deutschland
- Longevity
- Global Burden of Disease (GBD) study 2019: Die weltweite Studie umfasst Daten zu Sterberate und Krankenstand, Krankheiten und Verletzungen sowie Risikofaktoren (Englisch)